Rivka Rinn


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 Biographie

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Süddeutsche, 14.01.2000

 

Die Kamera als Zeugin des Augenblicks

Die Künstlerin Rivka Rinn in der Galerie Kampl einen Landeanflug auf Berlin

 

Rivka Rinn hat die Galerie Kampl in eine "Lightbox" verwandelt, die nachts

nach außen strahlt und tagsüber innen leuchtet. Streng struckturiert durch

Fenster und Türrahmen der Ladengalerie, sehen wir einen Landeanflug über Berlin:

Wolken, riesige Tragflächen über der Schrägansicht einer Landschaft und ei-

ner krippenden Stadtsilhouette, als säßen wir selbst im Flugzeug. Und doch wür-

den wir das Bild in Wirklichkeit so nie wahrnehmen, weil es im Bruchteil einer

Sekunde bereits Vergangenheit wäre. "Das Auge weiß bei hoher Geschwindig-

keit nicht was es sieht", sagt Rivka Rinn. nur die Kamera taugt als Zeugin.

Das Thema von Rivka Rinn ist das Spannungsfeld zwischen Realität und

Wahrnehmung. Dafür sucht sie eine "visuelle Defination". Die Ausgangsfrage

lautet: "Was passiertzwischen dem Augenblick des Schauens und dem Knip-

sens?" Ihre Recherche beginnt deshalb immer mit Schnappschüssen: Die Kame-

Verantwortlich: Karl Forsterra, ans Flugzeug-, Auto- oder Zugfenster

gehalten, registriert das flüchtige Bild. Das ergebnis ist eine seltsame Umkeh-

rung von Wirklichkeit: Der Mensch verharrt im Stillstand, obwohl er fährt oder

fliegt, während die unbewegliche, ruhende landschaft zu rasen scheint. Für das

erwünschte "velocity image", das Bild der Geschwindigkeit an sich, liefern die

Schnappschüsse nur einzelne Partikel". Zur neuen künstlicehn Realität

werden sie erst durch die Erfassung im Computer, der sie ganz objektiv liest, ver-

größert und als "inkjet" ausdruckt. Für die Lightboxes" macht die israelische

Künstlerin einen Entwurf, der sich konkret auf die jeweilige Fenstersituation be-

zieht. Diesen lässt sie dann auf durchsichtige Folien drucken. Bislang wurden die-

se in der Herstellung teuren Folien direckt auf die Glasscheiben geklebt; bei

Kampl sind sie jedoch auf riesige Plexiglasscheiben fixiert und so als mehrteili-

ges Bild weiter verwendet. Fenster- und Türrahmen geben der flüchtigen Er-

scheinung einen festen Halt. Auf diese Weise entsteht eine intensive Spannung

zwischen dem Statischen und Bewegten, dem Fliehenden und Bleibenden.

Rivka Rinn, 1950 in Tel Aviv geboren, verbringt ihr Leben als Reisende zwi-

schen den Welten. Von Tel Aviv führte sie ihr Weg nach Wien, dann zurück nach

Israel, wieder nach Wien, dann nach Florenz; zur Zeit lebt sie in Berlin und Rom

mit Abstechern nach Tel Aviv. Ihrer Ausbildung nach ist sie eingentlich Malerin,

und das ist in allen Arbeiten deutlich erkennbar. So sehr sie auf die Objetivität

des Computers beim Lesen ihrer Fotos vertraut, so muss das Auge der Malerin

nicht nur beim Fotografieren selbst, sondern auch bei der Auswahl und der Su-

che nach der idealen größe für das einzelne Bild die Entscheidungen treffen. Sie

meint, dass sie das aus ihrem Kopf nicht mehr heraus bringt. Warum sollte sie! Ist

doch die malerische Qualität ein nicht unbedeutender Teil der Gesamtqualität ih-

res Werkes.

 

HANNE WESKOTT


 

Rivka Rinn: Inter View, 16. September - 14. November 1998

 

Projektraum Berlin, Auguststr. 35, 10119 Berlin

 

Do-Fr 14-19 Uhr, Sa 13-18 Uhr

 

 

 

Seit einigen Jahren installiert die israelische Künstlerin Rivka Rinn an Fensterscheiben und Glastüren großformatige Fotoprints in Inkjet auf halbtransparenten Folien. Derartige Window Installations waren beispielsweise bereits im Düsseldorfer Kunstverein, bei Siemens, München (Büro Orange) und in der Galerie Fotohof in Salzburg zu sehen. Die Ausstellung Inter View Im Projektraum Berlin setzt diesen künstlerischen Weg fort.

 

 

Rivka Rinn, deren zentrales künstlerisches Thema die Geschwindigkeit ist, wird an der gläsernen Fassade der Galerie ein aus dem Auto aufgenommenes Foto einer Satellitenstadt in der israelischen Wüste anbringen und so in Berlins Mitte eine andere Stadt memorieren. Dieses Mal, im Projektraum, wird die Fensterinstallation noch eine räumliche Fortsetzung haben: Aus dem Fotoprint an der Fensterfassade wird ein Quadrat herausgeschnitten, das den Blick freigibt auf einen Monitor. Zu sehen sind auf dem Video Landschaften einer Reise. Motive, die in räumlicher Distanz zueinander stehen, werden gleichzeitig wahrgenommen. Das Fenster, Schnittstelle zwischen Außenwelt und Innenwelt (Inter-View), wird zur Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart.

 

 

In der Ausstellung geht es um die Wahrnehmung eines transitorischen Zustandes und um die Rekonstruktion einer Fahrt und die Kluft zwischen dem, was das Auge physisch sieht, und dem, was subjektiv wahrgenommen wird.

 

 

Tagsüber wird das natürliche Licht das halbtransparente Fotoprint für die Galeriebesucher beleuchten und nachts wird die Aufnahme durch das künstliche Licht in der Galerie für die Passanten außen sichtbar sein.

 

 

An unzähligen internationalen Ausstellungen und

Projekten hat sie teilgenommen, ihr Kataloge geben detaillierte Auskunft.

Die Biographie ist wichtig bei Betrachtung der Arbeit von Rivka Rinn,

denn sie macht deutlich, daß die Künstlerinein Normadenleben führt. Die Zeit

des Reisens des Sichfortbewegens überwiegt die Zeit des Verbleibens an einem Ort.

Rivka Rinn hat das thematisiert, Momente der Bewegung werden

mit der Kamera eingefroren, erstarren zu "Images", wie sie ihre meist aus

Zug, Auto oder Flugzeug heraus aufgenommenen Fotos nennt. Es entsteht eine

Posie des Reisens, Flüchtiges, Vorbeiziehendes, Verwischtes wird ästhetisch

manifestiert, Bewegung dokumentiert.

"Tage oder Perioden, die nicht mit der Kamera dokumentiert wurden, sind wie

verschwunden, hinterlassen keine Spuren. Die Identität konstruiert sich aus

den überlieferten Bildern in einem "automatisch - autobiografischen"

Vorgang. Da die Künstlerin seit über 15 Jahren meist unterwegs ist und ihre

Lebenszeit vorwiegend auf Reisen verbringt, werden die dabei entstandenen

Bilder zu Konstituenten ihrer Identität, die ihr die Rekonstruktion des

verbrachten Lebens ermöglichen."

 

Barbara Wally im Katalog "View Through" von 1998