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Die Landschaft, das Bild und die Lust am Malen

Burkhard Held

 

Die koreanische Künstlerin Min Young Park, die in Seoul, Dresden und in Berlin Malerei studiert hat, gehört zu den interessantesten jungen Malern, die sich mit dem Thema Landschaft beschäftigen. (Das ist) kein einfaches Thema, betrachtet man es im zeitgenössischen Kunstkontext und Diskurs. Es geht ja nicht mehr darum das „Ursprüngliche“, oder das was wir die „Natur“ nennen, abzubilden. Was uns umgibt ist Kulturlandschaft. Die Welt ist entdeckt und per Satellit vermessen. Der Mensch hat in die Evolution eingegriffen und gestaltet die “Natur“ nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen und das nicht immer segensreich. Wälder werden gerodet, um genmanipulierten Mais anzubauen, aus dem dann sogenannter „Bio-Kraftstoff“ gewonnen wird, um nur ein Beispiel anzuführen. Was ist das also für eine Landschaft, die ich da sehe, in der ich mich bewege? Und ist die Malerei überhaupt noch das geeignete Medium der Darstellung, ohne plakativ Verlust zu beklagen oder in überkommenen Bildtraditionen zu romantisieren? Welche Rolle kommt der Malerei - diesem so widerstandsfähigen Medium- also dabei zu; das schon bei Plato als nicht ausreichend und der Kunst nicht zugehörig kritisiert und seit dem immer wieder totgesagt wurde? Und im zeitgenössischen Diskurs, wenn sie (die Malerei) nicht konzeptuell motiviert und also mit einem theoretischen Überbau versehen ist, bei der Kritik und Kuratoren ausgeblendet wird, aber offensichtlich immer noch über ungeahnte Kraft verfügt?

Es ist nur folgerichtig, wenn Min Young Park ihre Bilder als Konstruktionen von Wirklichkeit versteht. Beschreibt dies doch auch am ehesten den Prozess der Bildentstehung und darum geht es zuerst: Um ein Bild der Malerei! Die Konstruktion und Dekonstruktion in MY Parks Bildern folgt der Dekonstruktion der Landschaft, letztendlich der Wirklichkeit und der damit verbundenen Problematik der Wahrnehmung. Ausgangspunkt für ihre Malerei ist fast immer die Kollage. In kleinformatigen Montagen entwirft sie ihre Bilder. „Metropolis“ ist der Titel einer Reihe von Kollagen und erinnert nicht zufällig an den gleichnamigen Film von Fritz Lang. Sie setzt Architekturfragmente, Landschafts- und Gegenstandsreste neu zusammen und verbindet diese mit malerischen, handschriftlichen Elementen zu zum Teil bizarren Stadtlandschaften. Verwirrende, in die Irre führende und sich auflösende Perspektiven und Größenverhältnisse definieren ihren Bildraum und beschreiben im weitesten Sinne einen urbanen Lebensraum, in dem sich der Mensch als Akrobat an Seilen schwingend oder als „Man on the wire“ seinen Weg bahnt. So in den großformatigen, starkfarbigen Bildern mit dem Titel „Akrobaten“ oder „Parcour“, bis er schließlich ganz verschwindet oder nur noch als Ampelmännchen auftaucht. Bis die Natur sich den Lebensraum des Menschen zurückerobert und dessen Hinterlassenschaft überwuchert.

Linie, Form und Farbe sind die das Bild konstituierenden Elemente. Dünne, lasierend aufgetragene Farbschichten schaffen einen Tiefen- und/oder Stimmungsraum, der von linearen Strukturen oder architektonisch gebauten Formen durchdrungen wird. Formen die Stabilität suggerieren, aber ihrerseits durch freie malerische Interventionen attackiert werden. Die Landschaft entsteht aus der Malerei und nicht umgekehrt, nicht das Motiv bringt das Bild hervor sondern der malerische Prozess. Ohne Frage bezieht Min Young Park ihre Inspiration dabei auch aus der Anschauung und der unmittelbaren Erfahrung in einer dieser Megacities dieser Welt - Seoul- mit all den faszinierenden aber auch problematischen Seiten, den kulturellen Brüchen zwischen Tradition und Moderne, aufgewachsen zu sein.

Sie setzt in ihren neuesten Arbeiten diese Entwicklung sehr konsequent fort. In sehr freien, fast abstrakten Bildern, zeigt sie eine sehr komplexe und entwickelte Malerei. In den kleinformatigen ‚Waldbildern’ („Deutscher Wald“?) und nicht nur dort, zeigt sie, mit welcher Lust am Malen sie vorgeht. Und wenn es, wie am Anfang geschrieben, nichts mehr zu entdecken gibt, dann könnte auch die Lust am Malen wieder ein Grund sein, um Bilder zu malen (zu machen). Auch wenn dies nicht der ‚political correctness’ entspricht. Aber sind nicht die ‚Neuen Medien’ sowieso sehr viel geeigneter für die Erfüllung der Vorgaben nach gesellschaftlicher Relevanz? Und haben nicht die Fotografie und der Film die Malerei letztlich sogar wieder befreit?

Dazu schreibt der Philosoph Karlheinz Lüdeking in seinem Text für die Malerei-Ausstellung ‚Bomberlin’ folgendes:

 

* “The dominating art of a given society, we should never forget, can always only be the art of its dominating class. Painting can therefore very well gain a peculiar dignity by its stubborn resistance to the demands of contemporary society. It can insist on the significance of clarifying one’s own outlook independently from all others who eagerly exert themselves to comply with the Zeitgeist. By its refusal to follow suit, however, painting will run the risk of being reduced to an occupation of merely private concern, a nice pastime like drinking or dancing, or – worse – an irrelevant and embarrassing act of exposing the seedy secrets of one’s own soul. But this need not necessarily be the case. Painting can also be a means to elaborate a distinctly personal attitude towards the world, and this, in turn, may help others to develop their own and always different approaches.

Painting, thus, is still an option. If it is a good decision to stick to it, however, can only be judged in the face of the concrete work created. The question what painting is and what it can achieve today should not be answered before its potentials have actually been shown. These potentials, however, can only be discerned by looking closely at pictures that have recently been painted.”

 

 

 

*Karlheinz Lüdeking „To paint, or not to paint - that is the questian“ Berlin 2011