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  • Ausstellungen - Die Tor macht weit

 

14. Dezember 2015, 18:51 Uhr

 

Max Weber und Six Friedrich öffnen die Türen zu ihrem Zwischennutzungsprojekt "13 Künstler, 13 Räume". In der Galerie Kampl werden neue Arbeiten der jungen Berliner Malerin Rebecca Raue gezeigt

 

Von Evelyn Vogel

 



 



 

Wer die Bilder der jungen Berliner Malerin Rebecca Raue anschaut, entdeckt alsbald ein wiederkehrendes Motiv, das wie kaum ein anderes das Schicksal von Flüchtlingen symbolisiert: das Schiff. Es sind nicht eindeutig hoffnungslos überfüllte, zum Kentern verurteilte Schlauchboote oder verrostete, sich selbst überlassene Seelenverkäufer. Eher wirken sie wie still dahintreibende oder lustig auf den Wellen tanzende kleine Bötchen, die Segel gesetzt haben und - vielleicht auf ihren Gott vertrauend - den Frieden und Freiheit verheißenden Gestaden entgegenstreben.

 

Eine ähnlich ambivalente Interpretation wie bei den Schiffen stellt sich auch bei den dargestellten Figuren und Häusern ein. Mal sind es einzelne Menschen, mal Menschengruppen, die wie verloren in weite Farbfelder eingekratzt scheinen und sich mal abweisend, mal begrüßend, gar beschützend gegenüberstehen. Und auch bei den Gebäuden variieren die Assoziationen zwischen "eine feste Burg", die für Heimat und Geborgenheit steht, und temporärem Obdach, das jeden Moment von einem Sturm - der Entrüstung?, des Klimawandels? - davon gefegt werden kann.

 

Rebecca Raue hat bei Georg Baselitz und Rebecca Horn studiert und wird nun zum zweiten Mal in München bei Kampl ausgestellt. Ihre Motive thematisiert sie schon seit längerem in ihren Arbeiten. Die wie leichte grafische Einwürfe wirkenden Zeichnungen auf teils pastosen, teils sehr transparenten Farbaufträgen werden durch Schrifteinträge ergänzt. Sie führen die von den Bildwelten angedeuteten Inhalte fort, präzisieren sie mitunter. "Wege finden" - so auch der Titel der Ausstellung - lautet ein Einwurf. Veränderung der Gesellschaft, der Lauf der Zeit, die Welt im Wandel, Heimat und Liebe sind andere.

 

Schwergewichtige Themen also. Aber Rebecca Raue setzt sie mit großer zeichnerischer Leichtigkeit um und lässt den Betrachter voller Empathie diese Bildwelten durchwandern und erforschen.

 

Rebecca Raue: Wege finden, Galerie Kampl, Buttermelcherstraße 15, bis 30. Januar, Di-Sa 12-19

 

 

 

R18 KULTUR Nr. 213, Dienstag, 16. September 2014 Süddeutsche Zeitung


Kunst können sie ja


  1. Open-Art-Wochenende der Münchner Galerien:

Auftakt misslungen, Leistungsschau gelungen

von evelyn vogel


München Herrje, wardaseinambivalentesEröffnungswochenendederMünchnerGalerienszene. ObwohlmanfürdieAuftaktveranstaltungamFreitagabendmitdemVorhoelzerForumaufdemDachderTUimKunstarealeinenfürdiemeistenGa-

lerien zentral gelegenen Ort gewählt hatte, beehrte die Veranstaltungneben den Ver-

antwortlichen der Galerieninitiative natürlich – gerade mal eine weitere Galeristin

mit ihrer Anwesenheit. Zu hören war, eine Stunde vor Eröffnung der eigenen Ausstel-

lung sei das zeitlich nicht zu schaffen. Tatsache aber ist: Es interessiert schlichtweg

kaum einen Galeristen, was sein Dachverband da so treibt. Da kann man nur sagen:

Liebe Leut’, dann lasst es doch bleiben und erspart allen eine derart peinliche Veran-

staltung. Sollen alle am Freitagabend um 18 Uhr den Startschuss geben und gut ist’s.

Leider nicht viel besser im Hinblick auf Gemeinsamkeit verlief die offizielle Party am Samstagabend. Auch hier war man mit dem Amerikahaus zentral gelegen, verfüg-

te über eine interessante Location und konnte hoffen, mit Hilfe des Eventveran-

stalters h+s eine richtige Party auszurichten. Allein: Das war wieder nichts. Guter

Ansatz, schlechtes Ergebnis. Zum einen, weil sich nur wenige,meistjüngere Galeris-

ten aufraffen konnten, zu kommen und die sich alsbald zwischen den anderen Party-

gängern verloren. Zum anderen aber auch, weil die Veranstaltung an sich schwer zu

wünschen übrigließ.Wäre ja eine super Gelegenheit gewesen, jüngere Leute für

Kunst zu begeistern. Aber kein Banner, Flyer, Faltblatt oder wenigstens ein QR-Code

vor Ort verriet, dass es sich hier um eine Kooperation mit der Open Art handelte. Das

Party-Motto laut Website hieß: „You Are Art (Du bist Kunst! Zeig dich, tanz dich,

trink dich, feier dich!)“. Na denn Prost!

Der Videoloop im Amerikahaus war eine gute Idee, die leider nicht zu Ende gedacht worden war

Eine gute Idee, leider nicht zu Ende gedacht war die Sache mit dem Videoloop.

Werke von Videokünstlern wurden auf der großen Leinwand im Theater des Amerika-

hauses gezeigt. Doch wer nicht wusste, dass da drinnen was lief, bekam es gar

nicht mit. Geschweige denn, dass es irgendwo Links darauf gab, in welcher Galerie

man die dazu passende Ausstellung sehen kann. Wer nun jedoch erwartet, dass es vor allem die Videokunst ist, die im Mittelpunkt der diesjährigen Open Art steht, liegt dane-

ben. Es ist vielmehr die klassische Malerei, die derzeit die Münchner Galerienszene do-

miniert.Und dabei reicht der Bogen von arrivierten Klassikern bis hin zu jungen zeit-

genössischen Künstlern, wie ein kleiner Ausschnitt aus dem reichen Programm

zeigt.

Ein wunderbares Beispiel, wie mit einem Künstler der Bogen von früher zu heu-

te geschlagen werden kann, ist Asger Jorn bei Van de Loo Projekte. Hundert Jahre alt

wäre der dänische Künstler und Mitbegründer der Gruppe Cobra in diesem Frühjahr geworden.Über Jahrzehnte hinweg übte er mit seiner expressiven Malerei einen

wichtigen Einfluss aus, interessierte sich für junge Künstler und wurde von diesen

rezipiert. Letzteres wird der zweite Teil der Hommage an Asger Jorn (ab 23. Oktober)

bei Van de Loo Projekte zeigen.

Asger Jorn, Galerie Van de Loo Projekte, Gabelsberger Str. 19, bis 18. Oktober


Von einer wunderbaren Leichtigkeit ist die Malerei von Rebecca Raue bei Kampl. Die

Tochter des Kunstsammlers Peter Raue, 1976 geboren, hat bei Georg Baselitz und

Rebecca Horn studiert. Ihre zeichenhaften Einträge auf Leinwand und Papier fügen den Mischtechniken ein lyrisches Moment hinzu. Bilder mit Erzählcharakter.

Rebecca Raue, Galerie Kampl, Buttermelcher Str. 15, bis 25. Oktober


Förg-Schüler-Präsentationen haben seit dem Tod des Malers Konjunktur. Bei Mat-

thias Jahn sind Arbeiten des 1982 in London geborene Sebastian Dacey zu sehen.

Auch er verbindet in seinen von intensivem Farbauftrag geprägten Arbeiten male-

rische mit zeichenhaften Momenten. Mit seiner Ausstellung „Too Many Friends“will er den aktuellen Kunstbetrieb hinterfragen – das Resultat spiegelt ein misstrauisches Beäugen wider.

Sebastian Dacey, Galerie Jahn, Baaderstr. 56b, bis 18. Oktober

Ein immer wieder gern bei Karl Pfefferle gesehener Gast ist der Kölner Künstler Leif

Trenkler (Jahrgang 1960). Dieses Mal wartet er mit intensiven Sinneseindrücken,mit Licht und Fehlfarben auf. In seiner Ausstellungen „Opal Colour Day“ setzt er hellleuchtende, farbigeMalereien und dunkelversunkene, auch geheimnisvoll wirkende Themen gegeneinander. Ein Farbenrausch, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Leif Trenkler, Galerie Karl Pfefferle, Reichenbachstr. 47-49 RG, bis 31. Oktober

Und noch ein Farbenrausch, wenn auch etwas anderer Art: Das Gesamtkunstwerk

Eva & Adele präsentiert bei Nicole Gnesa erstmals die über Jahrzehnte hinweg ent-

standene Werkgruppe „Adsila“. Bildebenen aus verschiedenen Lebenswelten, die von Glamour bis Kargheit reichen.

Eva & Adele, Galerie Nicole Gnesa, Kolosseumstr. 6, bis 22. November

Reduzierte Farbigkeit, minimalistische,perspektivische Formen und das Ganze im

Großformat – das ist „Die Materialität des Raumes“ von Olaf Holzapfel. Sabine Kunst

zeigt die malerischeWerkgruppe des in vielen Disziplinen beheimateten Künstlers.